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Wenn Sprache kapituliert: die geheime Kunst des amerikanischen Auktionsgeplappers (mit Video)
Wenn Sprache kapituliert: die geheime Kunst des amerikanischen Auktionsgeplappers (mit Video)
#Gütersloh, 9. Dezember 2025
Wer zum 1. Mal eine amerikanische Auktion hört, durchläuft meist drei exakt vorhersagbare Stadien: Erst Neugier (»Oh, spannend, da wird geboten!«), dann Verwirrung (»Warum spricht dieser Mensch wie ein #Toaster auf #Speed?«) und schließlich vollständige Kapitulation (»Ich habe gerade 300 Dollar geboten. Ich weiß nicht wann. Ich weiß nicht warum.«).
Denn ein amerikanischer #Auktionator spricht nicht wirklich – er feuert #Silben in #Hochgeschwindigkeit in den Raum, bis sich Zahlen, Atemgeräusche und akustische Reibung zu einer Art sprachlichem Wirbelsturm verbinden: »tenhabbedesabbedetententensabbedetewntytwentySOLD!«
Der ungeübte Zuhörer vermutet dabei wahlweise eine geheime Zauberformel, ein Beatbox Solo oder einen medizinischen Notfall. Der geübte Bieter hingegen hört völlig nüchtern: 10, 20, 30, verkauft. Alles andere ist akustischer Dunst. Fachlich nennt man das »Fill Words«, im Alltag heißen sie habbe, dabbedi, sabbede, yebba – bedeutungslose Silben, deren einzige Funktion darin besteht, das Gehirn so zu beschäftigen, dass es nicht auf die Idee kommt, über Geld nachzudenken. #Neuropsychologisch ist das ein Meisterstück: Das Gehirn verarbeitet nur noch steigende Zahlen, steigendes Tempo, steigenden Puls – und schaltet #Sinn, #Grammatik und finanzielle Vorsicht einfach ab. Der #Chant umgeht den Verstand und geht direkt ans Portemonnaie. Besonders absurd wird das Ganze, wenn man versucht, diese Geräuschkulisse schriftlich festzuhalten. Dann entstehen Sätze wie: »Hunderthunderthundersindgebotenhundertwerbietetemehrhunderthöreichzweihundertzweihundertzweihunderthundersindgebotenwerbietetmehr?«
Das sieht aus wie ein #Softwarefehler, klingt wie eine deutsche Beschwörungsformel und bedeutet in Wahrheit nur: »Ich habe 100. Wer bietet 200?« Die restlichen Zeichen dienen ausschließlich dazu, das Publikum mental zu überfahren. In #Deutschland dagegen würde ein Auktionator, der »habbedabbedezweihundert« ruft, vermutlich sofort 3 Dinge erleben: eine formelle #Beschwerde, eine #Nachfrage zur #Verständlichkeit und eine sehr sachliche, aber vernichtende E Mail mit dem Betreff »So nicht«. Hierzulande heißt es lieber ruhig und korrekt: »Ich habe 120. Gibt es 130?« Kein #Adrenalin, keine #Hypnose, aber volle rechtliche Nachvollziehbarkeit. Der amerikanische Auktionschant ist daher weder echte #Sprache noch #Rap noch #Beatbox, sondern eine akustische #Hochdruckmaschine zur Herstellung spontaner #Kaufentscheidungen – ein Zustand, in dem Zahlen sprechen, Wörter sterben und das Konto leise weint.
